Nicht jeder Anzug hält,
was er verspricht.

Die Wahrheit ist keine
Interpretationssache.

Schräge Kreationen brauchen
manchmal konservativen Beistand.

Der Teufel steckt
immer wieder im Detail.

Man sieht nicht gleich,
wer etwas zu verbergen hat.

Neue Ideen brauchen zum Schutz
hin und wieder recht alte Schinken.

Ohne Fürsorge kann der
kostbarste Inhalt wertlos werden.

Kurzeinschätzung von RA Ronneburger gegenüber Tagesspiegel zu dem aktuellen “Bushido-Eklat”

14. Juli 2013

Verschiedene Medien berichten im Augenblick ausführlich über den aktuellen “Eklat”  betreffend ein aktuelles Musikstück in dem der Rapper “Bushido”  Aufmerksamkeit damit erregt, indem er den Comedian Oliver Pocher, den Regierenden Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit (SPD) beschimpft, sowie die Politiker Claudia Roth (Grüne), Serkan Tören (FDP) (indirekt mit dem Tod) bedroht.  

Der Tagesspiegel hat RA Ronneburger von Ronneburger:Zumpf telefonisch ausführlich zu der Verletzung von Persönlichkeitsrechten der Betroffenen und zu rechtlichen Möglichkeiten von Indizierung und Verbot befragt, und hieraus  sehr kurz zitiert

Die kurze telefonische Einschätzung gegenüber dem Tagesspiegel im Volltext:

Einschätzungen von Medienrechtler Roman Ronneburger von der Kanzlei Ronneburger:Zumpf Rechtsanwälte zu Bushido

Die Aussagen über Wowereit, Roth etc. in dem Song sind ein medienwirksamer, kluger Schachzug der Rapper: Man hat den Medien diese Passagen als Fressen hingeworfen, und alle stürzen sich drauf. Das passt zu diesem Bad-Boy-Image, zum Gangster-Rapper-Habitus, der damit gepflegt werden soll. Mögliche rechtliche Konsequenzen scheinen kalkuliert. Diese fallen aber im Vergleich zum dem werblichen Mehrwert der öffentlichen Diskussion und hieraus sich ggf. ergebende Umsätze durch Konzertbesuche materiell wahrscheinlich wenig ins Gewicht.

Mögliche Folgen: Bei den verbalen Angriffen gegen die genannten Politiker können die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten verletzt sein. Bei den Aussagen gegen Wowereit und Homosexuelle allgemein ist es so, dass man zwar die Meinung ausdrücken darf, dass man von Homosexualität nichts hält. Das ist grundsätzlich zunächst von der Meinungs- und hier u.U. von der Kunstfreiheit gedeckt.

Ich halte es dennoch für justiziabel, wie es in diesem Lied passiert. Im Falle einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechte muss im Einzelfall nach Abwägung die Kunst- und Meinungsfreiheit hinter die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen zurücktreten. Wowereit könnte m.E. nach eine Unterlassung erwirken, also die Weiterverbreitung des Liedes stoppen. Die Aussagen zu Herrn Tören und Frau Roth halte ich definitiv für justiziabel, weil direkt von körperlicher Gewalt die Rede ist. Allerdings sind die entsprechenden Textzeilen natürlich sehr clever angelegt: Die stellen ja nicht wörtlich einen Mordaufruf dar und die Zielgruppe wird sie wohl kaum als direkten Aufruf verstehen, die Betreffenden zu töten.

Eine Indizierung nach dem JuSchG und sogar ein strafrechtliches Verbreitungsverbot halte ich für möglich. Für ersteres müsste die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften aktiv werden. Jedenfalls durch eine Einstufung durch die Bundesprüfstelle in die Listen B + D (nachträgl. Anm. § 18 II JuSchG) wäre neben der Verbreitung von Tonträgern auch eine Verbreitung im Internet unzulässig, § 4 I JMStV.

(nachträgl. Anm. eine Unzulässigkeit eines entsprechenden Internetangebots kann sich auch direkt aus § 4 I Nr. 5, Nr. 3 JMStV ergeben, zuständig ist die jew. Landesmedienanstalt)

Ich denke, dass über § 131 StGB (Verbot von Gewaltdarstellung) auch strafrechtliches Verbot möglich ist. Allerdings besteht hier die Möglichkeit, dass das Stück in geschnittener Version weiterveröffentlicht wird (nachträgl. Anm.§ 74d Abs 5 StGB iVm § 74b Abs 2 StGB; Kindhäuser StGB § 131 Rn 22). 

Die strafrechtlichen Konsequenzen (Geldstrafe bis 1 Jahr Gefängnis) fallen selbst bei einer Verurteilung nicht empfindlich aus, hier würde im Regelfall allenfalls eine Geldstrafe anfallen, soweit man hier nicht von einem konkreten Aufruf zur Gewalt ausgeht (nachträgl. Anm. was unter Berücksichtigung des  gesamten Textzusammenhangs m.E. nach nicht ohne Weiteres anzunehmen ist).

Aber ich befürchte, es gehört hier zum Kalkül der Musiker, dass ihr Lied auf den Index kommt. Dann sind sie wieder voll im Gespräch, können ihr Bad-Boy-Image pflegen – und es ist tolle Werbung für ihre nächsten Konzerte.