Nicht jeder Anzug hält,
was er verspricht.

Die Wahrheit ist keine
Interpretationssache.

Schräge Kreationen brauchen
manchmal konservativen Beistand.

Der Teufel steckt
immer wieder im Detail.

Man sieht nicht gleich,
wer etwas zu verbergen hat.

Neue Ideen brauchen zum Schutz
hin und wieder recht alte Schinken.

Ohne Fürsorge kann der
kostbarste Inhalt wertlos werden.

Presserecht – LG Köln: Axel-Springer-Verlag muss Kachelmann 635.000 Euro Geldentschädigung zahlen

30. September 2015

Mit Urteil vom 30.09.2015 hat das Landgericht Köln (Az. 28 O 2/14 und 28 O 7/14) in den Verfahren um die Berichterstattung von „Bild“ und „bild.de“ über das Strafverfahren wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung gegen Jörg Kachelmann entschieden, dass „Bild“ und „bild.de“ eine Geldentschädigung in Höhe von insgesamt 635.000 Euro an Kachelmann zahlen müssen. Dies ist die höchste Entschädigungssumme, die jemals in einem vergleichbaren Verfahren zugesprochen wurde.

Ursprünglich hatte Kachelmann 1,5 Millionen Euro von „Bild“ und 750.000 Euro von „bild.de“ gefordert, zugesprochen wurden ihm 300.000 Euro (Az. 28 O 2/14) sowie 335.000 Euro (Az. 28 O 7/14). Kachelmann warf „Bild“ und „Bild online“ vor, im Rahmen der Berichterstattung über Vergewaltigungsvorwürfe eine vorsätzliche Kampagne mit Schädigungsabsicht gegen ihn geführt zu haben. Von den über hundert Beanstandungen verblieben 26 Print- und 21 Onlinefälle, bei denen das Gericht die für eine Geldentschädigung grundsätzlich notwendige schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung angenommen hatte. Allerdings hat das Gericht in seiner Begründung deutlich gemacht, dass es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass “Bild” und „bild.de“ vorsätzlich und mit Schädigungsabsicht gehandelt oder sich rücksichtslos der Grenze zwischen dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht und der Pressefreiheit angenähert hätten. Ihnen könne aber der Vorwurf gemacht werden, “auf einem außerordentlich schwierigen Gebiet der Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen die rechtliche Grenzziehung fahrlässig verfehlt zu haben”.

Auch in diesen Verfahren spielte im Rahmen der von den Gerichten regelmäßig vorzunehmenden Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und der Meinungs- und Medienfreiheit der Presse auf der anderen Seite insbesondere die Unschuldsvermutung des Angeklagten Kachelmann (Art. 6 II EMRK) und das sich daraus ergebende Gebot der Zurückhaltung und Forderung einer ausgewogenen Berichterstattung eine große Rolle. Mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist bei der Medienberichterstattung eine mögliche Prangerwirkung zu berücksichtigen. Denn auch im Falle eines Freispruchs kann die Stigmatisierung durch die Berichterstattung bestehen bleiben. Selbst wenn die Voraussetzungen der Verdachtsberichterstattung vorliegen, dürfen die Medien über die Person des Verdächtigen nicht schrankenlos berichten. Es ist an dem konkreten Einzelfall und für jeden berichteten Umstand aus dem persönlichen Lebensbereich aufgrund einer Abwägung festzustellen, ob das Schutzinteresse des Betroffenen das Interesse an einer Berichterstattung überwiegt.  Das Thema der Berichterstattung ist dabei der Intimsphäre, der Privatsphäre oder der Sozialsphäre zuzuordnen, wobei Sexualstraftaten mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht der absolut geschützten Intimsphäre unterliegen.

Anfang 2011 war Kachelmann vom Landgericht Mannheim vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden. Anschließend verklagte er den Burda-Verlag auf insgesamt eine Million Euro, den Axel Springer-Verlag auf insgesamt 2,25 Millionen Euro. In dem Verfahren gegen Burda hatten sich die Parteien im Mai diesen Jahres außergerichtlich geeinigt, wieviel Burda zahlte ist nicht bekannt. Der Axel Springer-Verlag will auf jeden Fall in Berufung gehen. Die Verfahren werden daher vermutlich in der Berufungsinstanz vor dem Oberlandesgericht Köln weitergeführt.

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