Nicht jeder Anzug hält,
was er verspricht.

Die Wahrheit ist keine
Interpretationssache.

Schräge Kreationen brauchen
manchmal konservativen Beistand.

Der Teufel steckt
immer wieder im Detail.

Man sieht nicht gleich,
wer etwas zu verbergen hat.

Neue Ideen brauchen zum Schutz
hin und wieder recht alte Schinken.

Ohne Fürsorge kann der
kostbarste Inhalt wertlos werden.

Persönlichkeitsrecht: BGH konkretisiert Pflichten für Bewertungsportale

4. März 2016

Mit Urteil vom 1. März 2016 (VI ZR 34/15, zur Pressemitteilung) hat der Bundesgerichtshof sich dazu geäußert, in welchem Umfang den Betreibern von Online-Bewertungsportalen Prüfungspflichten hinsichtlich der Beiträge zukommen, die Nutzer dort anonym veröffentlichen. Insbesondere ging es um die Frage, ob die Betreiber im Streitfall Belege verlangen müssen, dass es den bewerteten geschäftlichen Kontakt tatsächlich gab.

Konkret war im vorliegenden Fall der Kläger, ein Zahnarzt, gegen eine negative Bewertung seiner Praxis auf dem Portal „Jameda“ vorgegangen. Dieses Portal dient gleichzeitig der Suche und Bewertung von Ärzten. Ein anonymer Nutzer hatte ihn auf der dortigen, an Schulnoten angelehnten Skala mit einer Punktzahl von insgesamt 4,8 (mangelhaft) bewertet. Diese Note setzte sich zusammen aus Bewertungen in fünf vorgegebenen Kategorien, wobei der Kläger in den Kategorien „Behandlung“, „Aufklärung“ und „Vertrauensverhältnis“ mit der Note 6 bewertet wurde.

Der Kläger forderte die Betreiber des Portals, die Beklagte, dazu auf, diese seiner Ansicht nach unwahre Bewertung aus ihrem Online-Angebot zu entfernen. Die betreffende Behandlung habe überhaupt nicht stattgefunden. Die Beklagte leitete diese Aufforderung auch an den anonymen Verfasser des Beitrags weiter. Dessen Antwort machte sie dem klagenden Arzt wegen datenschutzrechtlicher Bedenken jedoch nicht zugänglich und beließ die angegriffene Bewertung weiterhin auf ihrem Portal, da ihr, wie sie dem Kläger mitteilte, Unterlagen zugegangen seien, die das Stattfinden der Behandlung bestätigten.

Während das Landgericht der daraufhin erhobenen Unterlassungsklage gegen die weitere Verbreitung der Bewertung noch stattgab, erachtete die Berufungsinstanz (das Oberlandesgericht Köln) die Klage für unbegründet. Dieses Urteil hob der Bundesgerichtshof nun mit seiner Entscheidung auf und verwies den Rechtsstreit zurück an das Oberlandesgericht, das hierüber erneut zu befinden haben wird.

Zwar verneint der BGH laut seiner Pressemitteilung (der Volltext der Entscheidung liegt noch nicht vor) eine Prüfungspflicht für Diensteanbieter immer dann, wenn sie deren Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert. Jenseits dieser Verhältnismäßigkeitsgrenze komme dem Betreiber eines derartigen Portals jedoch durchaus eine Pflicht zur Prüfung der durch die Nutzer eingestellten Inhalte zu.

Bei Bewertungsportalen handele es sich insoweit jedenfalls um einen für Rechtsverletzungen besonders anfälligen Bereich, der intensivere Überprüfung verlange. Wenn die Möglichkeit des anonymen Verfassens von Bewertungen bestehe, habe im Falle einer Beanstandung der Diensteanbieter dementsprechend die Pflicht, vom Verfasser konkrete Angaben und gegebenenfalls Belege zum bewerteten Vorgang (hier: dem Behandlungskontakt) zu verlangen und diese, soweit § 12 Abs. 1 des Telemediengesetzes (TMG) es erlaube, auch an den dergestalt Bewerteten weiterzuleiten.

Fazit:

Um eine abschließende Bewertung dieser Entscheidung vorzunehmen, wird die Urteilsbegründung abzuwarten sein. Der Bundesgerichtshof bestätigt offenbar den Trend in der neueren obergerichtlichen Rechtsprechung, dass nicht bloß eine Überschreitung der Grenze zu unsachlicher Schmähkritik, sondern auch ein Mangel an tatsächlichen Anknüpfungspunkten oder Belegbarkeit zu einem Anspruch auf Löschung von Onlinebewertungen führen kann. Dies bedeutet eine erhebliche Erweiterung des Schutzes vor anonymen Äußerungen im Internet, die oft jeglicher Grundlage entbehren.

Eine Fortsetzung der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung stellt das Urteil dahingehend dar, dass weiterhin keine Pflicht der Portale gegeben ist, anonyme Bewertungen gänzlich zu unterbinden oder gar persönliche Daten der Verfasser herauszugeben. Der Verweis auf § 12 TMG stellt klar, dass die seitens des BGH hierfür gezogenen Grenzen weiterhin Geltung haben und die Pflicht zur Weiterleitung sich nur auf anonymisierte Belege für den Behandlungskontakt bezieht.

Damit werden zukünftig die Bewertungsportale auch in anderen Branchen vermehrt nach Wegen suchen müssen, einen zumindest grundlegenden Wahrheitsgehalt der dort veröffentlichten Bewertungen sicherzustellen. Für die Bewerteten bedeutet dies, dass sie künftig noch rascher und effektiver für die Löschung von Beiträgen sorgen können, die diesen Kriterien nicht genügen.

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